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1.5 Mini- und Mikrosatelliten als DNA-Sonden

Das Genom von P. coccineus besteht zu 65% aus repetitiver DNA (Nagl et al. 1983). Allgemein unterteilt man die Familie der repetitiven DNA in kodierende und nicht-kodierende Sequenzen. Als Beispiele für kodierende repetitive DNA seien die Gene für ribosomale RNA, Transfer-RNA und Histone genannt (Kahl 1995). Nicht-kodierende repetitive DNA gliedert man entsprechend ihrer Verteilung im Genom in zwei Gruppen, die dispers verteilten bzw. die tandemartig angeordneten repetitiven Sequenzen (Charlesworth et al. 1994). Letztere Gruppe wurde wiederum anhand der Länge ihrer Wiederholungseinheiten (Motive oder repeats) in drei Klassen eingeteilt: Satelliten-DNA (mindestens ca. 300 bp), Minisatelliten (9-100 bp) und Mikrosatelliten oder simple sequences (1-6 bp) (Tautz 1993).

Die bekannteste praktische Anwendung von Mini- und Mikrosatelliten-Sonden ist das DNA-Fingerprinting (Jeffreys et al. 1985). Jeffreys verwendete klonierte Sequenzen (33.15 und 33.6) als Fingerprint-Sonden beim Menschen. Doch bereits kurze Zeit später wurden synthetische Oligonukleotide mit einer Länge von 15-16 Nukleotiden als Sonden eingesetzt (Ali et al. 1986), die auch für das DNA-Fingerprinting an Pflanzen Verwendung finden (Übersicht bei Weising et al. 1995). Der Vorteil von synthetischen Oligonukleotiden als DNA-Sonde ist, daß sie sich in großen Mengen und hochgereinigt herstellen lassen und damit die Klonierung zur Herstellung der Sonde entfällt (Ali und Epplen 1991). Bei Phaseolus wurden synthetische Oligonukleotid-Sonden aus Mikrosatelliten-Motiven (z. B. (GATA)4) erfolgreich beim nichtradioaktiven DNA-Fingerprinting eingesetzt (Hamann et al. 1995).

Mini- und Mikrosatelliten eignen sich auch als Sonden für die ISH, da sie an mehreren Stellen im Genom jeweils mit etwa 103 bis 107 Kopien vorkommen können. Damit liegt die Gesamtlänge pro Locus erheblich über 10 kbp, also in ausreichender Zahl, um ein nachweisbares Signal zu erzeugen. Außerdem erlaubt die Kürze der synthetischen Oligonukleotid-Sonden eine gute Penetration des Chromatins, welche für den Nachweis von Zielsequenzen in dicht gepacktem Heterochromatin von Vorteil sein kann. Dies ist für Metaphasechromosomen von Pflanzen von besonderer Bedeutung, da ihr Chromatin 3,5 bis 6,5 mal dichter gepackt ist als das von menschlichen Chromosomen (s. Ausführungen bei Schweizer et al. 1990).

Die ersten Oligonukleotide, die als Sonden für Mikrosatelliten bei der nichtradioaktiven ISH eingesetzt wurden, waren (CAC)5, (TCC)5, (GATA)4, (GACA)4. Deren Verteilung wurde auf Metaphasechromosomen von Mensch, anderen Primaten, dem Huhn und der Maus untersucht (Zischler et al. 1989; Nanda et al. 1991). Die Mikrosatelliten-Motive wurden an verschiedenen Stellen, wie z. B. dem Heterochromatin von Sex-Chromosomen [(GATA/GACA bei der Maus; (TCC)5 beim Huhn] bzw. im Bereich der NOR [(GACA)4 bei Primaten] nachgewiesen, oder sie führten zu einem R-Bandenmuster [(CAC)5 beim Menschen]. Über den Einsatz spezifischer Oligonukleotid-Sonden von Minisatelliten für die FISH gibt es nur wenige Berichte (z. B. Kipling et al. 1994). Untersuchungen über das Vorkommen von Mikrosatelliten-Motiven an Polytänchromosomen von Drosophila melanogaster wurden ausschließlich mittels radioaktiv markierten Oligomeren (100-200 bp) durchgeführt (Pardue et al. 1987; Lowenhaupt et al. 1989). Nur drei der sechs untersuchten Mikrosatelliten ließen sich nachweisen. Die Motive CA/TG, CT/AG und C/G waren ungleichmäßig über die euchromatischen Bereichen verteilt und besonders gehäuft auf dem X-Chromosom. Im Bereich des [beta]-Heterochromatins im Chromozentrum waren sie hingegen unterrepräsentiert. Das Verteilungsmuster ist sowohl zwischen entfernt verwandten Arten als auch zwischen den verschiedenen Stämmen derselben Art konserviert. Lohe et al. (1993) kartierten klonierte Mikrosatelliten-Sequenzen mit Motivlängen von 5-10 bp im Heterochromatin von Metaphasechromosomen von Drosophila melanogaster.

Bei Pflanzen wurden Mikrosatelliten-Motive bei der ISH sowohl zur Untersuchung ihrer generellen chromosomalen Verteilung (Schmidt und Heslop-Harrison 1996), als auch zur Identifizierung einzelner Chromosomen eingesetzt (Pedersen und Linde-Laursen 1994; Pedersen und Langridge 1997). Einen Sonderfall stellt der sog. "GAA-Satellit" dar, der sich wiederum aus verschiedenen Mikrosatelliten-Motiven (GAA, GAG, GCA und GGA) zusammensetzt (Pedersen et al. 1996). Beispiele für ISH an pflanzlichen Chromosomen, bei denen synthetische Oligonukleotide als Sonden für Minisatelliten eingesetzt wurden, ließen sich in der bisherigen Literatur nicht finden. Allerdings gelang es die sieben Chromosomen von Hordeum vulgare anhand des Hybridisierungsmusters einer artspezifischen repetitiven DNA (Flavell et al. 1981) eindeutig zu identifizieren (Busch et al. 1995).


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